Zur Demokratie

Werte Freunde des Sports und des Systems,
nachdem ich die letzten Monate böse Sachen an dieser Stelle stehen hatte über all die Leute, die ich nicht ab kann, mußte ich feststellen, daß sich, simpel ausgedrückt, Leute angemacht fühlten, dich eigentlich gar nicht angemacht fühlen sollten.

Es ist nämlich so, und das muß ich wohl dazusagen, wenn ich nicht mißverstanden werden will:
Autorität ist nichts schlechtes, solange die Verantwortung mit ihr einhergeht.
Ich habe nichts gegen Autoritäten, die Verantwortungsträger sind.

Ich habe nichts dagegen, daß in einer Firma einer Käpt'n ist. Leute haben gute Ideen gehabt, sie anderen vermittelt, koordiniert, geplant, hart gearbeitet, einen erfolgreichen Kurs gefahren, und jetzt tragen sie die Verantwortung und verkörpern entsprechend Autorität. Da muß man nicht lange nach dem Wieso und Warum fragen, da weiß man sofort, wie sich die Autorität begründet.

Ich habe auch nichts dagegen, daß einer der Meister und einer der Lehrling ist, einer der Professor und einer Student, einer steht am Reißbrett und der andere an der Schaufel, hab' ich überhaupt kein Problem damit. Da weiß ich, wieso das so ist. Ich weiß, wieso man ein Ingenieursdiplom braucht, damit man Häuser berechnen darf -- irgendwie muß man ja nachweisen, daß man es kann.

Doch die Tragikomik des Systems ist die, daß all den Leuten, die auf die eine oder andere Art bewiesen haben, daß sie Autorität verantwortungsvoll ausüben können, die Autorität, die dem Souverän innewohnt, vorenthalten wird.

Zu meinem Vater sagte einst jemand: "Leute wie Du haben die DDR mehr am Leben erhalten als jeder linientreue Genosse." Mein Vater erhält heute, genau wie viele andere, die Bundesrepublik mehr am Leben als so mancher Spitzenpolitiker, einfach durch seine Arbeit als Ingenieurswissenschaftler, durch Ideen, Fleiß und durch seine Beiträge und Steuern.
Gestern noch der Feind im Osten, der mit strengstem Embargo belegt wurde und seine Programme in Lochstreifen stanzen mußte, weil der Westen ja keine neue Rechentechnik an ihre Feinde lieferte -- heute einverleibt. Man muß das einsehen, schließlich waren wir böse, bis man uns das Licht der Marktwirtschaft brachte und uns die Dämonen einer so geheimnisvollen unerklärlichen Finsternis austrieb.
Wie sagten die Borg in Star Trek doch immer so schön:
"Sie werden assimiliert, Widerstand ist zwecklos."

Und all die Leute, die das System, welches es nun auch immer sei, am Leben erhalten, werden gar nicht gefragt, ob sie nicht vielleicht viel lieber ein anderes System am Leben erhalten würden. Obwohl es keine Deppen sind und auch nie Deppen sein wollten, werden sie zu Deppen gemacht, einfach weil man im Leben nicht alles machen kann, denn so viele Beine, daß man allen in den Hintern treten könnte, die es verdient haben, hat man als Mensch gar nicht. Sie dürfen mitmachen, ihren Namen, besser den ihres Volkes, als Entschuldigung für alles Mögliche und Unmögliche hinhalten.

Welche Regierung hat gleich noch mal Kraft ihrer wie auch immer zustandegekommenen Autorität die Bundesrepublik bis an die Halskrause verschuldet? Nur 'n Tip: Es war nicht die Regierung Honecker. Und tragen die ihre Verantwortung?
Wer hat gleich nochmal warum deutsche Soldaten wohin geschickt? Wie paßte das nochmal zum Grundgesetz und Völkerrecht? Wer hat da gleich nochmal wie die Verantwortung übernommen und sich in welcher Art bußfertig gezeigt?
Was sagt jeder Richter, egal ob sein Urteil gerecht oder ungerecht, oder wenigstens gesetzestreu oder auch nicht ist: "Im Namen des Volkes." Na huch, doch hoffentlich nicht im Namen meines Volkes.

Und immer wieder "im Namen des Volkes", eines Volkes, das nichtmal gefragt worden ist, ob es seinen Namen für diverse Sauereien überhaupt rausrücken will, ob es dieses oder jenes Gesetz erlassen will -- der Name wird dem Volk einfach abgepreßt, es muß ihn hergeben, immer und überall.

So sieht's aus. Was tun, was tun? Soll das jetzt so bleiben? Zwar wurden in der Zwischenzeit Mobiltelefone und Computernetzwerke erfunden, aber die Gesellschaftsordnung ist immernoch so, als gäb's das alles nicht, als wäre es sonstwie schweineteuer, beispielsweise Volksbefragungen durchzuführen, Gesetze zu wählen, dies oder jenes zu tun.

Die Gewählten unterstellen den Leuten, die so "dumm" waren, sie zu wählen, daß diese Leute auch zu dumm sind, Gesetze zu erlassen. Die Logik der Regierenden ist also von außen betrachtet sehr einfach: Das Volk hat Angela Merkel (Gerhard Schröder, beliebigen anderen Kasper) gewählt. Also ist das Volk dumm. Also soll man dem Volk nicht noch mehr demokratische Rechte geben. Mit anderen Worten: Leute, die durch Zufall und Glück, aber auch durch geschickte Intrigen und Machtspiele auf bestimmte Sessel gekommen sind, kleben an diesen fest, einfach weil sich diese Sessel so schön sitzen. Eigentlich dürfen in einer Demokratie einzelne Leute überhaupt nicht wichtig sein, sonst ist es nämlich keine Demokratie, aber es gibt halt welche, die müssen sich wichtig machen. Oder habe ich da was falsch verstanden? Irgendwie so muß es sein, mir fallen sonst keine Gründe ein.

Bei einer Firma kann man sich, wenn es einem überhaupt nicht paßt, selbständig machen und zeigen, wie es besser geht -- oder auch scheitern. Aber man hat diese Möglichkeit wenigstens. Bei diesem System ist man dem Willen einiger weniger ausgeliefert, wird aber für deren Scheitern mitverantwortlich gemacht. Daß Hitler den Krieg verloren hat -- das deutsche Volk war nicht stark genug. Daß Hitler den Krieg überhaupt losgebrochen hat -- das deutsche Volk ist dran schuld. Vierzig Jahre DDR-"Unrechtsregime" -- die Ossis waren's. Deshalb kriegen die ja auch weniger Gehalt, denn Strafe muß sein, und zusätzlich haben wir jetzt auch noch Schulden, die wir vorher nicht hatten, und wo auch keiner gefragt hat, ob wir die machen wollen. Und das im Namen von wem jetzt nochmal? Welches Volk hat das jetzt nochmal zu verantworten? Das stumme Volk, was gar nicht gefragt worden ist? Das stumme Volk, was von früh bis abends arbeitet und gar nicht dazu kommt, sowas zu entscheiden?

Eine Demokratie taugt -- um es mal zusammenzufassen -- nur etwas, wenn sie die Mittel zu ihrer Abschaffung mitbringt. Das Volk muß die Möglichkeit haben, die Notbremse zu reißen, und das, ohne sich erst durch zig Reihen Polizisten oder Soldaten kämpfen zu müssen und ohne sinnlos Zeit in zig Gerichtsverfahren zu verplempern.

Es muß doch mal möglich sein, ohne Blutvergießen die eigene Polizei, die eigene Armee, die eigenen Gerichte und die eigenen Politiker zurückzupfeifen und Gesetze zurückzurufen. Es kann doch nicht angehen, daß man jedes mal ein Blutbad anrichten muß, um irgendwas zu ändern. Es kann doch nicht sein, daß man erstmal Geiseln nehmen oder jemanden umschlagen oder abknallen muß, bevor man hier in diesem Saftladen Bundesrepublik mal ernst genommen wird. Nachher fragen sich die Leute immer: "Wie konnte das passieren? Was wollten die Täter erreichen?" Ja, ist halt besser, man nimmt die Leute mal ernst, bevor sie ausrasten. Man muß sich bevor was passiert fragen: "Warum sind die Leute sauer und haben sie vielleicht sogar Grund dazu? Denken die sich was dabei und wenn ja, was?" Wenn erstmal alle durchdrehen, ist es zu spät, das hat man ja in den Weltkriegen gesehen.

An jede Gesellschaftsordnung gehören, genau wie an jede größere Maschine, diverse Notaus-Taster. Das rote Schwammerl zum Pushen ist überhaupt die wichtigste Sicherheitseinrichtung, und ich bestehe darauf, daß auch die Politik sowas einführt. Auslandseinsatz der Bundeswehr? Was soll der Scheiß? Wo zum Teufel ist hier der Notaus-Schalter? Ich kenne fast nur Leute, die den sofort drücken wollen, aber keiner kann das Ding finden. Staatsverschuldung, Wirtschaftswachstum, wachsender Energieverbrauch, zur Neige gehende Rohstoffe, Zinsspirale -- Notaus! Notaus! So tut doch mal einer was! Notaus! Wo ist die rote Taste? Wo kann ich hier verdammt nochmal die Notbremse ziehen, ohne einen umzuknallen, ohne jemanden zu erpressen, ohne zu drohen und ohne zum Terroristen zu werden?

Leute, wenn im Zug keine Notbremse wäre, würde ich da nicht einsteigen. Bei der Bundesrepublik hat mich keiner gefragt, da bin ich einfach reinverfrachtet worden, da hab' ich keinen Vertrag unterschrieben, nichts. In einer Firma holt man sich vorher meine Einverständniserklärung in Form meiner Unterschrift auf dem Arbeitsvertrag ein. In einer Firma verpflichte ich mich selber, da steht meine Unterschrift auf einem Blatt Papier, welches eine beiderseitige Willenserklärung dokumentiert. Und so muß es sein.

Nein Leute, ich habe hier in der Bundesrepublik nichts unterschrieben, ich habe mich zu nichts verpflichtet, also wie kommen Leute dazu, mir irgendwelche staatsbürgerlichen Pflichten aufzuerlegen, in einem Staat, zu dem ich komme wie die Jungfrau zum Kinde? Wieso gehen alle davon aus, daß ich einverstanden sein oder mich fügen muß, so wie es hier läuft? Von mir wurde nie eine Einverständniserklärung eingeholt -- jeder Firmenchef macht das, bevor er jemanden einstellt, bei jeder Software muß man OK drücken, daß man die Lizenzbedingungen akzeptiert, jeder bedeutendere Vertrag muß von allen Beteiligten unterzeichnet werden. Und die Leute tun so, als wäre ich der Bundesrepublik zu irgendwas verpflichtet, beispielsweise Kriegsdienst, vor der Polizei meinen Rucksack ausleeren, mit meinen Steuern Bundeswehreinsätze finanzieren, mit meinen Steuern Schulden begleichen, die andere gemacht haben. Wo bitte habe ich das alles unterschrieben? Bitte zeigt mir meine Unterschrift. Bitte zeigt mir, wo ich mich dazu verpflichtet habe, diesen Mist aktiv oder passiv zu unterstützen. Ich bin der DDR nicht beigetreten, ich habe bei der DDR nicht gekündigt. Ich bin auch der Bundesrepublik nicht beigetreten. Also wieso bitte soll ich dazugehören? Weil Angela Merkel über mich herrschen will? Weil man mich sonst einsperrt? Weil ich eine Lohnsteuerkarte brauche, und die nur kriege, wenn ich brav bei den Wichtigtuern vom Meldeamt vorspreche? Weil ich einen Ausweis brauche, und verpflichtet bin, den mit mir zu führen? Welcher Herrscher von Gottes Gnaden bittesehr hat sich das ausgedacht?

Ausweispflicht dank Adolf Hitler? Was denn, was denn, ich denke, Hitler war durch und durch böse, und alles, was er gesagt und gewollt hat, soll doch angeblich so durch und durch böse gewesen sein. Es werden manche sinnvolle Sachen abgetan und weggedrückt, nur weil sie mit der Person Adolf Hitler in Verbindung stehen, komischerweise reicht die Person Adolf Hitler aber nicht aus, um die Leute von der Meldepflicht oder dem Autobahnbau abzuhalten. Ja Leute, Meldepflicht und Autobahnbau sind Nazi-Methoden, aber komischerweise bekennen sich sogar Kommunisten und Christen -- ja verwunderlicherweise sogar Juden eben dazu, was nichts weiter beweist, als wie verlogen die Welt doch ist. Ich bin gegen Autobahnbau und gegen Meldepflicht, bin ich jetzt antifaschistischer als jeder Punk? Nein, falsch, Personen sind für mich unwichtig. Für mich ist nicht etwas gut, weil der große Guru/Prophet/Führer irgendwer es gesagt hat, für mich ist nicht etwas schlecht, weil der ach so böse Verführer/Dämon/Diktator irgendwer es gesagt hat, ich beurteile Inhalte unabhängig davon, von welcher Person sie ausgesprochen werden, aber ich beurteile Personen nach den Inhalten, die sie vertreten. Außerdem lehne ich es ab, mich von oder wegen Leuten, die längst tot sind, zu irgendetwas drängen oder von irgendetwas abhalten zu lassen. Ich will eine Notbremse an diesem Staat, die von den Lebenden gedrückt werden kann. Ist das zuviel verlangt? Muß man hier erst Attentäter oder Terrorist werden, daß sich hier mal jemand drum kümmert? Wofür bezahle ich denn den ganzen Hofstaat, all die Spaßmacher im Bundestag? Dafür, daß die es nichtmal gebacken kriegen, das Internet oder Mobiltelefon als Werkzeug der Demokratie einzuführen? Im Internet Wahlkampf machen kriegen die doch auch gebacken, aber da geht es ja auch nicht um solch unwichtigen Scheiß wie demokratische Rechte, Staatsverschuldung, Gerechtigkeit oder so, sondern wer die Bundestagswahl gewinnt, ist mindestens so wichtig, wie ob Hansa Rostock oder Dynamo Dresden gewinnt, ob Michael Schumacher im Ferrari oder jemand anders in einer anderen Karre gewinnt.

Habt Ihr Euch mal angehört, was Angela Merkel so vor, bei und nach der Wahl gefaselt hat? Vom Gewinnen und vom Verlieren hat sie geredet, von guten und schlechten Taktiken, und ganz selten und am Rande ging's auch mal um Deutschland und um das Volk. In Zeiten, wo Politiker anfangen, sich wie beschissene Fußballtrainer oder Rennfahrer zu benehmen, sollte man die Politik abschaffen. In Zeiten, in denen es in der Politik nur noch um Marken geht wie bei Klamotten oder Autos, kann man doch nur noch kotzen. Die Leute kaufen Schuhe, weil Nike oder Adidas oder Deichmann :-) draufsteht, die Leute wählen Parteien, weil CDU oder SPD dransteht. In Zeiten, wo es nur noch um's Gewinnen und Verlieren geht, sollte man die Leute, die es bei ihrem fetten Gehalt nichtmal schaffen, während ihrer Arbeitszeit wenigstens so zu tun, als wären sie körperlich am Arbeitsplatz anwesend, allesamt wegjagen. Komisch. Neulich war das Parlament beschlußunfähig, weil verlängertes Wochenende anscheinend wichtiger ist als die Zukunft Deutschlands. Jeder Chef würde Mitarbeiter, die sich so aufführen, einfach rausschmeißen, und das ist richtig so. Und was kann ich? Ich muß die ganzen Wichser weiterbezahlen, ich kann sie nicht rausschmeißen, und ich würde gerne jeden einzelnen von denen persönlich vor die Tür prügeln und treten. Aber ich darf's nicht. Ich muß mich mal wieder zusammenreißen, ich muß früh um acht dastehen, ich kann nicht wie es mir paßt einfach die Arbeit liegenlassen. Wieso dürfen die das, obwohl die doch noch besser bezahlt werden als ich? Und wieso darf ich als deren Arbeitgeber die nicht rausschmeißen? Wieso haben die keine Probezeit, aber jeder andere?

Ich will keine Antworten, ich will keine Begründungen, ich hab' schon alles dazu gehört und gelesen und die Rechtfertigungen dafür waren allesamt dumme, an den Haaren herbeigezogene, teilweise abergläubische Ausreden. Ausreden dafür, warum alles genau so sein muß, wie es ist, gibt es wahrlich eine phantastische Fülle, aber bitte, müßt Ihr in einer Tour meine und die Intelligenz meiner Generation beleidigen? Ich will, daß das geändert wird, und zwar sofort und ohne daß ich erst ausrasten muß. Ich habe ein Recht drauf, auch wenn das in keinem Gesetzbuch verankert ist, ich hab's trotzdem. Also worauf wartet Ihr alle? Wofür bezahle ich hier Politiker, Richter, Staatsanwälte, Polizisten? Als Wärter für ein verkommendes poltisches Freilichtmuseum? Eh Leute, das kann's echt nicht sein.

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Die pöhsen Sachen